Erneuerbare Energien seit den 1970ern bis heute

Vom Widerstand der Stromversorger zur Frage der zukünftigen Förderung

Der Nutzung Erneuerbarer Energien kommt bei der Erreichung der Klimaneutralität und der Zukunftsfähigkeit unseres Energiesystems eine Schlüsselrolle zu. Dabei hat sich die Rolle der Erneuerbaren Energien im deutschen, europäischen und globalen Energiesystem über die vergangenen 50 Jahre stark gewandelt.

So stand in der Zeit von ca. 1970–1990 die Erforschung technologischer Lösungen im Mittelpunkt. Staatliche Fördergelder wurden in der angewandten Forschung für diverse erneuerbare Energietechnologien wie beispielsweise Windenergie, die solare Nieder- und Hochtemperaturnutzung, Geothermie, Holz- und Biogasnutzung sowie Photovoltaik eingesetzt. Die erste Phase der Technologieentwicklung war gleichzeitig von einem starken Widerstand der etablierten Energieversorger gekennzeichnet. Das Fraunhofer ISI hatte sich in dieser ersten Phase beispielsweise bei einem eher technologisch orientierten Projekt zur Überprüfung eines Erd-Wärmespeichers engagiert und in einem Demonstrationsprojekt einen Architektenwettbewerb für Solarhäuser in Landstuhl begleitet.

Einspeisetarife und Zertifikatshandel

Die 1990er und 2000er Jahre waren – begünstigt durch die Entwicklungen im Klimabereich in Rio de Janeiro und das Kyoto-Protokoll – von einem über die Zeit immer stärker werdenden Marktausbau der Erneuerbaren Energien im Stromsektor gekennzeichnet. Der Marktausbau wurde durch verschiedene Förderinstrumente angereizt. Insbesondere Dänemark – gefolgt von Deutschland und Spanien – war ein Vorreiterland bei der Förderung von Windenergie. Mit fest vergüteten Tarifen wurden Stromversorger verpflichtet, Strom aus Erneuerbaren Energien zu vorher festgelegten Einspeisetarifen abzunehmen. So wurden auch in Deutschland zunächst seit 1990 Einspeisetarife im Rahmen des Stromeinspeisegesetzes angewandt und über die Zeit im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, seit 2000) in der Ausgestaltung an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst. Neben festen Einspeisetarifen wurden in der EU Erneuerbare Energien durch Quotenverpflichtungen in Kombination mit handelbaren grünen Zertifikaten gefördert.

Die Ausgestaltung und Performance der unterschiedlichen Ansätze zu Förderung wurden in der Wissenschaft breit diskutiert. Thema des wissenschaftlichen Diskurses war insbesondere, ob Erneuerbare Energien durch sektorenspezifische Politiken oder indirekt über den CO2-Preis gefördert werden sollen. Für die Bewertung und den Vergleich unterschiedlicher Ansätze wurden objektive Indikatoren, beispielsweise für die Effizienz und die Effektivität der Förderung, entwickelt. Das Fraunhofer ISI begleitete zum Beispiel die Entwicklung von Fördermaßahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien, die das Bundesministerium für Wirtschaft evaluierte. Außerdem entwickelte das Institut in einem europäischen Projekt quantitative Indikatoren zum Monitoring der Effektivität und Effizienz von Politiken zur Förderung Erneuerbarer Energien mit. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Einspeisetarife in der damaligen Phase der Förderung den Quotensystemen sowohl im Hinblick auf Fördereffizienz und erzielten Ausbau (Effektivität) als auch in der Anwendung bessere Ergebnisse erzielen konnten. Zunehmend relevant wurde eine detaillierte Kenntnis der regional stark heterogenen Gestehungskosten der Erneuerbaren Energien, die über GIS-basierte Potenzialstudien bestimmt wurden.

Nicht nur finanzielle Faktoren sind entscheidend

Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien hatte im Laufe der 2010er Jahre zunehmend Aspekte der Markt- und Systemintegration im Fokus. Dies beinhaltet den variablen Einspeisecharakter von Wind- und PV-Strom sowie die von zunehmender Wettbewerbsfähigkeit motivierten Anforderungen zu einer stärkeren wirtschaftlichen Integration in den Strommarkt. In der wissenschaftlichen Analyse wurden diese Anforderungen in einer zunehmend integrierten Betrachtungsweise unter anderem durch die Entwicklung und den Einsatz von Energiesystemmodellen untersucht, um Effekte und Folgen der Integration Erneuerbarer Energien ins Stromsystem bewerten zu können. Zudem wurden verstärkt multikriterielle Entwicklungs- und Bewertungansätze für die Förderung der Erneuerbaren Energien genutzt. Um eine stärkere Integration in den Strommarkt zu ermöglichen, wurde das in Deutschland angewandte Fördersystem von festen Tarifen auf Einspeiseprämien umgestellt, die zusätzlich zu Erlösen am Strommarkt gezahlt wurden (EEG 2012). Außerdem wurde die bis 2015 administrativ gesetzte Festlegung der Förderhöhe auf ein Auktionssystem umgestellt.

Neben der Marktintegration spielten weitere Aspekte eine Rolle wie beispielsweise eine stärker dezentrale Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur durch Eigenverbrauchskonzepte, bei denen die Bereitstellung und der Verbrauch Erneuerbarer Energien auf einen Ort konzentriert ist. Auch nicht-finanzielle Faktoren, wie beispielsweise langwierige Genehmigungsprozesse, sind für den Ausbau Erneuerbarer Energien ausschlaggebend und wurden vom Fraunhofer ISI mituntersucht.

Nach wie vor eine Frage der Förderung

Im Rahmen des Projektes »Zukunftswerkstatt Erneuerbare Energien« für das deutsche Wirtschaftsministerium konnten verschiedene Möglichkeiten zur grundsätzlichen Weiterentwicklung der EE-Förderung – unabhängig von konkreten Gesetzesvorhaben – entwickelt und untersucht werden. Die zunehmende Verzahnung der Sektoren beispielsweise über den Stromeinsatz für die Wärmebereitstellung durch Wärmepumpen hat unter anderem dazu beigetragen, die umlagenbasierte Refinanzierung der Erneuerbaren Energien auf eine haushaltsbasierte Finanzierung zu verlagern, um bei Endkund:innen für Entlastung bei den Strompreisen zu sorgen und den Brennstoffeinsatz bei Sektorenkopplungstechnologien zu vergünstigen.

Für die zukünftige Entwicklung stellen sich insbesondere die Fragen, wie der Übergang zu einem vollständig Erneuerbaren Stromsystem beschleunigt und erreicht werden kann. Zentral sind hierfür Fragen, ob und in welcher Form Förderung weiterhin eingesetzt werden sollte und wie bestehende Hemmnisse nicht-finanzieller Natur weitestgehend ausgeräumt werden können. 

Layout: Renata Sas; Icons: Anatolii Babii/creativemarket, Renata Sas