MobilKULT: Ergebnisse der zweiten Welle (Sommer 2023)

Über das Projekt

Im Projekt MobilKULT fragen wir rund 2.500 repräsentativ ausgewählte Personen in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern regelmäßig nach ihrer Einstellung zu:

Da es sich jedes Mal um dieselben Personen handelt, können wir Veränderungen und Zusammenhänge messen.

An der zweiten Befragungswelle im Sommer 2023 nahmen 2.526 Personen teil, die Ergebnisse haben wir hier zusammengestellt und in einem Blogbeitrag näher erläutert.

Die Ergebnisse der aktuellen Welle sowie weitere Informationen sind auf der Ergebnisseite zu finden.

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Wohnort der Befragten

So setzt sich unsere Stichprobe zusammen:

Auch in der zweiten Welle im Sommer 2023 nahmen mehr Teilnehmende aus Baden-Württemberg als aus Mecklenburg-Vorpommern teil, da dort etwa siebenmal mehr Menschen leben. Zudem haben etwas mehr Menschen aus Baden-Württemberg und aus städtischen Gebieten erneut unseren Fragebogen ausgefüllt. 

Das heißt: Die Lebensräume der Befragten unterscheiden sich. Uns interessiert, inwiefern diese verschiedenen Voraussetzungen etwas damit zu tun haben, wie Menschen mobil sind, welche Einstellungen diese Menschen haben, was sie prägt und wie veränderungsbereit sie sind.

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Strukturregionen und Nutzungsintensität des Autos

Wie bewegen sich die Menschen je nach Wohnregion fort?​

Wir wollen wissen, wie der Wohnort mit der Autonutzung zusammenhängt. Um diese Frage zu beantworten, haben wir die Teilnehmenden aus drei unterschiedlichen Strukturregionen – Land, Vorstadt und Stadt – in Viel- und Wenigfahrende aufgeteilt. Vielfahrende nutzen das Auto für mindestens 90 Prozent ihrer wöchentlichen Wege, Wenigfahrende für höchstens 10 Prozent.​

Wie schon in Welle 1 zeigt sich, dass auf dem Land und in den Vorstädten mehr Menschen Vielfahrende sind. In der Stadt hingegen ist der Anteil der Personen, die wenig mit dem Auto unterwegs sind, größer. Das deutet darauf hin, dass die Infrastrukturen je nach Wohnort verschieden sind, was Auswirkungen auf die Verkehrsmittelwahl haben kann. 

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Veränderungen in der Autonutzung von Welle 1 zu Welle 2

Wie hat sich die Autonutzung der Menschen verändert, die an Welle 1 und Welle 2 teilgenommen haben?​

23 Prozent der Vielfahrenden aus Welle 1 haben ihr Verhalten in Welle 2 so reduziert, dass sie nun eine mittlere Autonutzung zeigen. Hingegen werden 14 Prozent der Befragten mit mittlerer Autonutzung in Welle 1 nun als Vielfahrende eingeordnet. ​

Insgesamt bedeutet das einen Rückgang des Anteils der Vielfahrenden um 5 Prozentpunkte gegenüber Welle 1. Über die Ursachen können wir bisher nur spekulieren. In den nächsten Wellen wird sich zeigen, ob dies eine generelle »Wechseltendenz« ist. Alle weiteren Wechselbewegungen zwischen den Kategorien gleichen sich gegenseitig aus. 

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Durchschnittliche Verkehrsmittelnutzung nach Wohnregion

Das Auto ist Verkehrsmittel Nummer eins – egal ob Stadt oder Land. Vor allem in Städten werden Wege häufiger mit nachhaltigeren Verkehrsmitteln zurückgelegt.

Wir beobachten nur sehr kleine Verschiebungen im Vergleich zu Welle 1: Durchschnittlich legen die Befragten den größten Anteil ihrer Wege pro Woche mit dem Auto zurück. In ländlichen und vorstädtischen Gebieten gilt das für mehr als die Hälfte aller wöchentlichen Wege. In städtischen Gebieten liegt der Anteil der wöchentlichen Wege bei 37 Prozent und ist damit deutlich geringer als in den ländlicheren Gebieten. In der Stadt werden etwa ein Viertel aller Wege pro Woche zu Fuß und 16 Prozent mit dem ÖPNV zurückgelegt.​

Auch das Fahrrad kommt in städtischen Gebieten auf 15 Prozent der Wege pro Woche. In ländlichen und vorstädtischen Gebieten werden 15 bis 21 Prozent der Wege zu Fuß zurückgelegt. Alle anderen Verkehrsmittel kommen in diesen Regionen nur auf einen Anteil von 10 Prozent oder weniger.

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Bedeutsame Veränderungen in der durchschnittlichen Verkehrsmittelnutzung

So haben Personen ihr Verhalten in Bezug auf die Auto- und Radnutzung verändert:​

Die Personen, die an beiden Wellen teilgenommen haben (N = 1.234), fahren nun mehr Rad – vor allem in den Vorstädten und im ländlichen Raum. Dort ging im Gegenzug die Nutzung des Autos zurück. Sicherlich spielt hier das Wetter eine entscheidende Rolle, denn die zweite Befragung fand im Sommer statt. Das zeigen auch andere Studien wie etwa die bundesweite Studie »Mobilität in Deutschland«

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Setzen die Personen ihre Absichten in die Tat um?

Gelingt es den Personen, ihre Vorhaben in die Tat umzusetzen?​

Wir haben die Personen genauer angeschaut, die in der ersten Welle gesagt haben, dass sie gern nachhaltiger mobil wären. Das heißt, mehr zu Fuß gehen (N = 432), mehr das Rad nutzen (N = 305) oder häufiger den ÖPNV nutzen (N = 177). Haben diese Leute auch tatsächlich so gehandelt? ​

Ja, zumindest teilweise: Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Personen (36 bis 45 Prozent) hat ihre Absicht aus Welle 1 in die Tat umgesetzt. Bei 25 bis 37 Prozent ist die Nutzung gleich geblieben. ​

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Womit erledigen die Befragten ihre Einkäufe und womit fahren sie innerhalb Deutschlands in den Urlaub?

Erneut zeigt sich: Das Auto ist das wichtigste Verkehrsmittel – egal ob im Alltag oder bei der Fahrt in den Urlaub. ​​

Andere Verkehrsmittel spielen in den meisten Situationen eine untergeordnete Rolle – in dieser Grafik beispielhaft dargestellt für das alltägliche Einkaufen und die Fahrt in den Urlaub innerhalb Deutschlands. ​

Nur jede:r fünfte Befragte geht zu Fuß zum Einkaufen und nur jede:r zehnte nimmt das Fahrrad. ​Um innerhalb Deutschlands in den Urlaub zu fahren, nehmen 21 Prozent der Befragten den Fernzug oder den Fernbus und etwa 9 Prozent den ÖPNV. 

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Wie wollen sich Vielfahrende in Zukunft fortbewegen?

Die Vielfahrenden in Welle 2 sind nur eingeschränkt dazu bereit, auf nachhaltigere Verkehrsmittel umzusteigen.​

Etwas mehr als ein Viertel der Vielfahrenden in Welle 2 zeigt sich wechselbereit. Sie wollen in Zukunft mehr zu Fuß oder mit dem Rad mobil sein, auch wenn dieser Anteil etwas geringer ist als unter den Vielfahrenden in Welle 1. Jedoch geben die meisten der Vielfahrenden in Welle 2 an, dass sie ihr Verhalten nicht anpassen wollen. 

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Wie wollen sich Vielfahrende in Zukunft fortbewegen? (Aufteilung nach Wohnort)

Unterscheidet sich die Wechselbereitschaft nach Region? ​

Zwischen städtischen, vorstädtischen und ländlichen Regionen unterscheiden sich die Menschen nicht in ihren Absichten, nachhaltiger mobil zu sein. Die Region entscheidet also nicht grundsätzlich darüber, ob Personen mehr oder weniger bereit sind, auf nachhaltigere Verkehrsmittel umzusteigen. ​

Interessant ist, dass auch in ländlichen Regionen bis zu 30 Prozent der Vielfahrenden beabsichtigen, in Zukunft häufiger den Fernverkehr, den ÖPNV oder das Fahrrad zu nutzen oder auch zu Fuß zu gehen. Das zeigt, dass nachhaltige Mobilität kein städtisches Phänomen sein muss. 

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Wahrgenommene Autoabhängigkeit (Aufteilung nach Wegen)

Positive Einstellungen gegenüber dem Auto einerseits – wahrgenommene Abhängigkeit andererseits. ​​

Vielfahrende nehmen eine stärkere Abhängigkeit vom Auto wahr, haben einen stärkeren Wunsch, in einem Eigenheim außerhalb des Stadtzentrums zu leben und verbinden mehr positive Gefühle mit dem Autofahren als Wenigfahrende. Dies deckt sich mit den Ergebnissen aus Welle 1. Im Unterschied zu Welle 1 scheinen sich die Vielfahrenden in dieser Welle stärker mit dem Auto zu identifizieren als die Wenigfahrenden.

Wenigfahrende hingegen empfinden einen höheren sozialen Druck, alternative Verkehrsmittel zu nutzen, eine höhere Abneigung gegen das Autofahren sowie ein stärkeres Bewusstsein für die negativen Umweltauswirkungen des Autofahrens. Diese Tendenzen sind ebenfalls ähnlich wie in Welle 1.

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Wahrgenommene Autoabhängigkeit (Aufteilung nach Wohnort)

Je ländlicher, desto stärker ist die Abhängigkeit vom Auto. ​Je städtischer, desto höher das Bewusstsein für Umweltauswirkungen und Alternativen.​

Personen in ländlichen Gebieten empfinden die stärkste Abhängigkeit vom Auto. Sie identifizieren sich aber genauso wenig mit dem Auto, wie die Personen aus den anderen Regionen – im Gegensatz zu Welle 1. Personen in städtischen Gebieten hingegen empfinden den stärksten sozialen Druck, nachhaltige Verkehrsmittel zu nutzen sowie die stärkste Abneigung gegen das Autofahren. Zudem zeigen sie das größte Bewusstsein für die negativen Umweltauswirkungen des Autofahrens.​

Über Ursache und Wirkung können wir auch hier keine Aussagen treffen. Trägt eine geringere Abhängigkeit vom Auto dazu bei, dass man das Auto negativer bewertet oder möchte man lieber in der Stadt leben, weil man Autos negativ bewertet und sich dort unabhängiger fühlt? 

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Bewertung politischer Maßnahmen im Zeitvergleich

Die Zustimmung zu einigen politischen Maßnahmen ist leicht gesunken​.

Bei den Teilnehmenden beider Wellen (N = 1.234) ist die Zustimmung zu einigen Politikmaßnahmen leicht gesunken. Auch wenn die Unterschiede jeweils nicht besonders groß sind, spiegeln sie doch einen konsistenten und statistisch gesehen nicht zufälligen Trend wider. Ein Indiz für eine gewisse Politikmüdigkeit der Befragten? Oder ein Symptom einer zunehmend dynamischen und polarisierten öffentlichen Diskussion? ​

Einige Bewertungen sind aber auch gleich geblieben. So beispielsweise die Bewertung autofreier Innenstädte, eines Inlandsflugverbots, einer Zulassungssteuer für Pkw, der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, der Förderung des Aufbaus von Ladeinfrastruktur für Elektroautos und des Ausbaus von On-Demand ÖPNV-Angeboten.

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Glaubwürdigkeit der deutschen Verkehrspolitik

Die Befragten beurteilen die aktuelle Verkehrspolitik als wenig glaubwürdig.​

Die Menschen bewerten die aktuelle Verkehrspolitik tendenziell als wenig glaubwürdig und zielorientiert. Dies zeigt sich dadurch, dass sie wenig eindeutige politische Signale, keinen wirklich starken politischen Willen und keine klare politische Vision erkennen. Auch seitens der Bundesregierung wird mangelnde Unterstützung wahrgenommen.

Welche Implikationen hat dies für die Unterstützung einzelner politischen Maßnahmen? Das werden wir in den nächsten Wellen beobachten.