Mit Klimamobilitätsplänen die Paris-Ziele im Verkehr erreichen

von Niklas Sieber (unter Mitarbeit von Claus Doll und Johannes Schuler) /

Warum ist kommunaler Klimaschutz so wichtig?

Das Ziel, 2020 die Treibhausgase im Verkehr um 40% gegenüber 1990 zu senken, wurde weit verfehlt: Die Emissionen sanken nach Angaben des Umweltbundesamts trotz des kurzfristigen pandemiebedingten Einbruchs lediglich um 11%. Im Jahr 2019 wurden im Verkehr 0,3% mehr CO2-Emissionen ausgestoßen als 1990. Deshalb müssen die Anstrengungen verstärkt werden.

Kommunen spielen beim Klimaschutz eine wichtige Rolle, weil Verkehr primär lokal entsteht: Etwa die Hälfte der zurückgelegten Personenkilometer wird laut MID 2017 für Baden-Württemberg im Nahverkehr (weniger als 50 Kilometer) erzeugt, und mehr als 55% der Pendler:innen in Baden-Württemberg bewegen sich innerhalb ihrer Gemeinde. In den Kommunen entscheidet sich also, wer wie viele Autos besitzt, ob Fahrräder nur Freizeitgeräte sind und wer eine Dauerkarte für Bus und Bahn kauft.

Kommunale Planungspraxis: meist alte Pläne ohne konkrete Klimazielvorgaben

Langfristige und strategische Ziele werden oft in einem Verkehrsentwicklungsplan (VEP) festgelegt. Gemeinsam mit meinen Kollegen Claus Doll und Johannes Schuler habe ich 15 VEP und andere Planwerke in Baden-Württemberg untersucht und dabei festgestellt, dass die Klimaziele kaum und völlig unzureichend Beachtung fanden.

Die kommunale Planungspraxis lässt sich wie folgt charakterisieren:

  • Die Vermeidung von Engpässen im Straßensystem, manchmal sogar der Ausbau »nach Bedarf« dominieren die verkehrlichen Ziele.
  • Klimaziele für den Verkehr sind dagegen unzureichend spezifiziert und meist gar nicht quantifiziert.
  • Geplante Maßnahmen werden oft nicht auf ihre klimatische Wirkung untersucht.
  • Es fehlt eine langfristige und strategische Investitionsplanung zur Einhaltung der Klimaziele.

Kommunale Verkehrsplanung bestimmt sich oft durch wechselnde politische Mehrheiten und unterliegt damit dem Risiko, weniger an langfristigen Zielen als an kurzfristigen politischen Vorgaben ausgerichtet zu sein. Vielfach dominieren in der Folge emotionale Debatten über Einzelmaßnahmen die Verkehrspolitik.

Ein politischer Konsens wird häufig in einer Angebotsausweitung auf der Straße sowie des öffentlichen Verkehrs (ÖV) und manchmal des Radverkehrs gefunden. Dabei wird häufig übersehen, dass die Verbesserungen beim ÖV nicht automatisch zu einer Reduktion des Autoverkehrs führen und die CO2-Emissionen in Folge sogar steigen können. Maßnahmen, die den Autoverkehr unattraktiv machen, sind dagegen durch die Politik viel schwerer zu implementieren, da sie in der Regel auf öffentlichen Widerstand stoßen. Hier spielt das Thema Push und Pull eine wichtige Rolle.

Ohne ein Umdenken in der kommunalen Verkehrsplanung sind die Klimaziele im Verkehr nicht zu erreichen. Kommunale Klimamobilitätspläne sind ein wichtiger Teil dieses neuen Denkens.

Was sind Klimamobilitätspläne?

Wichtigster Grundgedanke der Planung ist ein CO2-Budget für zukünftige Emissionen des Verkehrs, das im Zeitverlauf reduziert wird. Aus unserer Sicht sind dabei die folgenden Grundsätze essenziell:

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Grundprinzipien eines Klimamobilitätsplans

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