Projekt

Wissenstransferprofile im deutschen Hochschulwesen

In den vergangenen dreißig Jahren haben sich das Verständnis, Strukturen und Mechanismen des Wissenstransfers erheblich verändert. Ausgehend von einem traditionellen, überwiegend unidirektional-linearen Transfer mit Fokus auf Industriekooperationen sowie Vermarktung und Kommerzialisierung von technikfokussierten Forschungsergebnissen durch Auftragsforschung, Patente und Spin-offs, rückt zunehmend ein breiteres Transferverständnis in den Vordergrund, das den gesellschaftlichen Beitrag von Hochschulen einschließlich des Transfers zur Zivilgesellschaft ganzheitlich zu erfassen versucht. Die Herausbildung der Wissensgesellschaft und die damit verbundene Hochschulexpansion hat das gesellschaftliche Interesse an wissenschaftlich fundiertem Wissen massiv gesteigert und dadurch eine zunehmende Verschränkung von Wissenschaft und Gesellschaft befördert. Dies hat letztlich nicht nur zu einer gesellschaftlichen Aufwertung von Hochschulen an sich, sondern auch zu einer Intensivierung und Diversifizierung von Austauschbeziehungen zwischen Hochschulen einerseits und nichtwissenschaftlichen Akteuren andererseits geführt.

Vor diesem Hintergrund zielt das Projekt WIDEN auf eine ganzheitliche und breit angelegte Analyse des Wissenstransfers auf unterschiedlichen Ebenen des deutschen Hochschulsystems. Das Vorhaben adressiert die Forschungsfrage, welche Wissenstransferprofile sowohl bei Universitäten und HAWs, als auch bei individuellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorherrschen und wie sich diese Profile gegenseitig beeinflussen.

Bei dem Forschungsprojekt handelt es sich um ein Verbundvorhaben aus Fraunhofer-ISI, der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer sowie der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen. Der Verbund verbindet somit Partner aus Universitäten, Hochschulen der angewandten Wissenschaft und außeruniversitärer Forschung.

Die wesentlichen Beiträge dieses Projekts für die Wissenschafts- und Hochschulforschung sind eine vollständige Vermessung des Wissenstransfers, seiner Formen und Ausprägungen, sowohl auf Hochschul- als auch auf Individualebene. Die systemweite Analyse ermöglicht zudem eine vergleichende Analyse von Transferprofilen, beispielsweise je nach Hochschultyp oder Fachdisziplin.

Auf Basis eines Mehrebenenmodells sollen die existierenden Transferprofile, bestehend aus Transferverständnis, Transfermechanismen bzw. -kanälen, Transferinhalten und Transferpartnern, auf Ebene der Hochschulen (Meso) sowie auf Ebene der individuellen Wissenschaftler:innen (Mikro) identifiziert und miteinander verknüpft werden. Konzeptionell wird dabei ein explorativer Untersuchungsansatz verfolgt, bei dem die organisatorischen und individuellen Transferprofile induktiv auf Basis der erhobenen Daten und Erkenntnisse ermittelt werden.

Im Projekt wurde bei einer Umfrage unter Professorinnen und Professoren an 59 deutschen Universitäten ermittelt, welche Formen des Transfers es in allen Fachgebieten gibt. Eine derart breite Erhebung ist weltweit neu.

Es konnte eine Stichprobe von etwa 2.250 gültigen Antworten ausgewertet werden. Dabei zeigte sich, dass sich die Transferprofile in 13 Fachgebieten deutlich unterscheiden. Es bildeten sich aus Transfersicht drei große Fachgruppen heraus:

  1. Technische Fachgebiete (Ingenieurswissenschaften, Informatik, technische Natur- und Lebenswissenschaften, Agrarwissenschaften und Medizin)
  2. Gesellschaftsorientierte Fachgebiete (Sozialwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Erziehungswissenschaften, Sportwissenschaften und Kunstwissenschaften)
  3. Grundlegende Fachgebiete (Geisteswissenschaften, grundlegende Natur- und Lebenswissenschaften).

Da in den Gebieten 1 und 2 schon in der Forschung enge Kontakte zur Gesellschaft bestehen, ist hier der Wissenstransfer intensiver als im Fachgebiet 3.

Die Ergebnisse der Erhebung liefern wertvolle Anhaltspunkte, wie Hemmnisse für den Wissenstransfer beseitigt und die Unterstützung durch die Hochschulleitungen verbessert werden können.

Schmoch, U.; Berghäuser, H.; Heyen, N.; unter Mitarbeit von Barkowski, F., Beyersdorf, J.; Eglin, T.; Komaromi, P.; Stephan, M. (2023): Auswertung der Umfrage unter Professorinnen und Professoren deutscher Universitäten zum Wissenstransfer. Zwischenbericht zum Projekt Wissenstransferprofile Im Deutschen Hochschulwesen (WIDEN), Projekt im Auftrag des BMBF (Förderkennzeichen 16WIT016A).  Karlsruhe: Fraunhofer ISI.

 

Laufzeit

8.2022-7.2025