Neue Governance-Instrumente könnten die Glaubwürdigkeit von Energieeffizienz-Zielen erhöhen

Am Anfang dieses Jahres stellte die Europäische Kommission ihr Klima- und Energiepaket »Fit for 55« vor. Der Vorschlag enthält neue Instrumente zur Erreichung der EU-Energieeffizienz-Ziele und zielt gleichzeitig darauf ab, die Mitgliedstaaten an die erhöhten Klimaziele zu binden. Eine neue Studie von Stefan Scheuer Consulting und Fraunhofer ISI untersucht die vorgeschlagenen Governance-Instrumente innerhalb der aktualisierten Energieeffizienz-Richtlinie (Energy Efficiency Directive, kurz: EED) und gibt Empfehlungen zur Verbesserung der Wirkung des Pakets.

Den Weg zur Klimaneutralität zu ebnen, ist einer der Hauptgründe für die Verbesserung der politischen Instrumente der EU. Die vorgeschlagene Neufassung der Energieeffizienz-Richtlinie erhöht daher das EU-Ziel für die Energieeffizienz, macht das Ziel auf EU-Ebene verbindlich und führt potenziell leistungsfähige Instrumente zur Steuerung des Ziels ein. Die neue Studie bewertet die kritischen Punkte bei der Steuerung der EED und gibt Empfehlungen, wie die in der Studie ermittelten erheblichen Energieeffizienz-Potenziale in der Praxis realisiert werden können.

Ein neuer Zielverteilungsschlüssel für die Energieeffizienz-Richtlinie

Das zentrale Steuerungsinstrument ist eine Formel zur Aufteilung der EU-Energieeffizienz-Ziele für 2030 auf die Mitgliedstaaten. Eine solche Zielaufteilung ist für die Energieeffizienz neu, wurde aber bereits erfolgreich für erneuerbare Energien, Klimaziele und die Verordnung zur Lastenteilungsentscheidung (Effort Sharing Regulation) verwendet. Die vorgeschlagene EED-Neufassung enthält einen gemeinsamen Korrekturfaktor, der zur Anpassung der nationalen Ziele und zur Vermeidung einer Lücke zum EU-Ziel verwendet werden könnte. Allerdings ist der Rechtstext unklar, ob dies beabsichtigt ist und wie es in der Praxis funktionieren würde.

Außerdem wäre es den Mitgliedstaaten gestattet, bei der Festlegung der nationalen Energieeffizienz-Ziele von den Ergebnissen der Energieeffizienz-Formel abzuweichen. Die in der Studie vorgenommene Überprüfung der Klima- und Energievorschriften ergab, dass verbindliche nationale Beiträge die EU-Ziele erreichen können, wenn sie durch eine starke Governance ergänzt werden. Daher sollten die nationalen Beiträge nach ihrer Festlegung durch die Mitgliedstaaten angepasst werden, um sicherzustellen, dass die übergeordneten europäischen Ziele erreicht werden.

Reihenfolge der Anwendung von Instrumenten ist wichtig

»Dieser Vorschlag ist ein Sprung für die Glaubwürdigkeit der EU-Energieeffizienz-Politik«, sagt Stefan Scheuer, Direktor von Stefan Scheuer Consulting. »Die Steuerungsinstrumente werden vorgeschlagen, um ein neues und verbindliches EU-Ziel zu erreichen. Aber sie müssen in die richtige Reihenfolge gebracht werden, so dass am Ende der Zielzuteilung der Schraubenschlüssel zur Hand ist, um die Schraube anzuziehen. Eine erweiterte CO2-Bepreisung in Verbindung mit dem Sozialen Klimafonds kann den Rückenwind für Investitionen in die Energieeffizienz liefern und das Vertrauen stärken, dass die EU dieses Mal ihre Ziele einhalten wird«.

Wirtschaftliche Rentabilität von Energieeinsparungen nimmt zu

Im Vergleich zu den jüngsten Referenzprojektionen erhöht das Ziel der EU, die Energienachfrage bis 2030 um 9% zu senken, das derzeitige Ziel für die Endenergienachfrage von 32,5% auf 36% und das Ziel für die Primärenergienachfrage auf 39%. Dennoch ist ein noch größerer Ehrgeiz erforderlich, um die Klimaneutralität in einem Zeitrahmen zu erreichen, der mit dem 1,5°C-Ziel vereinbar ist. Matthias Reuter vom Fraunhofer ISI bekräftigt: »Unsere Bewertung zeigt, dass das wirtschaftliche Energieeinsparpotenzial wächst, da effiziente Technologien wirtschaftlich werden, und die EU doppelt so weit kommen würde wie vorgeschlagen, indem sie den End- und Primärenergiebedarf um 17% bzw. 18% gegenüber den Referenzprojektionen senken würde.«

Höhere Energieeffizienz kann wirtschaftlich schwächeren Haushalten helfen

Über die EED hinaus enthält das Paket zusätzliche neue Elemente, die die Erreichung von Energieeffizienz-Zielen durch CO2-Bepreisungssysteme für Gebäude und Verkehr fördern. Eine höhere CO2-Bepreisung und ein verstärktes Wiederverwenden der so erzielten Einnahmen machen noch mehr Energiesparpotenziale wirtschaftlich. Wolfgang Eichhammer vom Fraunhofer ISI fasst zusammen: »Die Mitgliedstaaten müssen diese Potenziale ausschöpfen, um die negativen sozialen Auswirkungen höherer Energiepreise abzumildern und auf dem Weg zur Klimaneutralität voranzukommen. In Verbindung mit strengen Anforderungen an die Rückführung von Einnahmen durch den neuen Sozialen Klimafonds kommt dies auch wirtschaftlich schwachen Haushalten zugute, indem ihre Energierechnungen durch Verbesserungen der Energieeffizienz gesenkt werden«.

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.

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