Projekt

RIBRI – Radical Innovation Breakthrough Inquirer

Horizon scanning for radical innovation breakthroughs

Der Bericht des Radical Innovation Breakthrough Inquirer (RIBRI) benennt 100 mögliche Innovationsdurchbrüche in Themenfeldern wie Künstlicher Intelligenz, Robotik oder Biomedizin und gibt Hinweise, wie sich die EU darauf vorbereiten kann. Für die Suche nach radikalen Innovationen wurde ein vom Projektteam entwickeltes halbautomatisiertes Verfahren erstmals auf EU-Ebene eingesetzt.

Zu den 100 untersuchten Radical Innovation Breakthroughs (RIBs) zählen technische Entwicklungen, beispielsweise biologisch abbaubare Sensoren oder 4D Printing ebenso wie gesellschaftliche Konzepte wie das Grundeinkommen oder die autofreie Stadt. Ihre eigene Analyse der Daten können Sie hier durchführen.

Bei der Identifikation und Analyse der RIBs kam ein innovatives halbautomatisiertes Verfahren zum Einsatz, bei dem ein lernender Sprachanalyse-Algorithmus (NLP Natural Language Processing) den Inhalt von rund 500 000 Nachrichten auf wissenschaftlich-technischen Plattformen analysierte. Dabei wurden jene Themen herausgefiltert, die in dem Untersuchungszeitraum erstmalig auftauchten. Diese Themen sowie damit verbundene Patente und Publikationen wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des jeweiligen Fachgebiets bewertet. Die Bewertung erfolgte in Bezug auf den Reifegrad, die Wahrscheinlichkeit einer breiten Nutzung in 20 Jahren und die Position Europas.

Das Kernkonzept des Projekts bestand darin, 100 Innovationen für Europa und die Welt zu identifizieren und sie mit den zukünftigen Global Value Networks (GVN, den Gebieten, auf denen neue Werte entstehen) abzugleichen.

Hierfür wurden Ziele und Schritte festgelegt:

  1. Sammlung und Systematisierung aktueller Informationen über die wichtigsten zukünftigen radikalen (technologischen und gesellschaftlichen) Innovationsdurchbrüche (RIBs) aus Quellen weltweit
  2. Bewertung des Potenzials dieser wichtigen Durchbrüche als aufkommende neue Entwicklungen oder Game-Changer und ihrer strategischen Bedeutung für Europa unter Berücksichtigung ihrer wissenschaftlichen Grundlage und technischen Durchführbarkeit, ihrer Relevanz für die bestehenden Wirtschaftsstrukturen in Europa sowie des strategischen Potenzials und der Risiken in Bezug auf potenzielle künftige globale Herausforderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas
  3. Ermittlung der Stärken und Schwächen Europas bei der Nutzung der 100 bedeutendsten Durchbrüche und Abgleich mit zukünftigen Wertschöpfungsnetzwerken
  4. Erstellung eines für politische Entscheidungsträger geeigneten Berichts, der die 100 technisch und gesellschaftlich bedeutsamsten radikalen Innovationsdurchbrüche beschreibt, untermauert durch eine strukturierte Analyse und einen Datensatz mit Beschreibungen aller identifizierten vielversprechenden Kandidaten, die in den nächsten 5 bis 20 Jahren potenziell machbar sind

Darüber hinaus streben wir jedoch zwei weitergehende Ziele an, die darauf abzielen, eine europäische Zukunftsorientierung in allgemeinerer Form zu untermauern:

  1. Die Initiierung einer Gemeinschaft von Akteuren, die sich zu einem gesamteuropäischen Dialog über radikale Innovationsdurchbrüche verpflichtet haben, die den Kern einer breiteren zukunftsorientierten Debatte in Europa bilden können und dadurch die europäische Zukunftsorientierung und Widerstandsfähigkeit stärken.
  2. Den Weg für eine kontinuierliche Erforschung radikaler Innovationsdurchbrüche zu ebnen, bei der menschliches Urteilsvermögen und automatisierte Analyse auf fruchtbare Weise kombiniert werden.

Laufzeit

07/2017 – 08/2018

Auftraggeber

European Commission, Directorate-General Research & Innovation, Directorate A Policy Development and Coordination, Unit A.6 – Data, Open Access and Foresight

Partner

  • Institutul de Prospectiva, Bucharest, Romania
  • Finland Futures Research Centre, University of Turku, Finland

Die RIBRI-Studie zieht folgende Schlussfolgerungen für die europäische Forschungs- und Innovationspolitik:

  1. Ein großer Teil der RIBs hat einen starken Bezug zu Künstlicher Intelligenz (KI). Innovationen wie Emotionserkennung, Schwarmintelligenz, Spracherkennung und Computational Creativity werden in allen Wirtschaftsbereichen - von der Landwirtschaft über Gesundheit bis zur Kreativwirtschaft - Wertschöpfungsprozesse drastisch verändern. Europa sollte sich daher für die erwartete Welle von KI-basierten Innovationen gut positionieren und frühzeitig Wege suchen, die daraus entstehenden Potenziale zu nutzen und gleichzeitig den Risiken entgegenzuwirken.
  2. Mehr als 40 Technologien, die heute nur gering ausgereift sind, werden bis 2038 in einer signifikanten Zahl von Anwendungen eingesetzt werden. Beispiele sind neuromorphe Chips, 4D Printing oder Hyperspektrale Bildanalyse. Eine kritische Auseinandersetzung mit möglichen Anwendungen dieser Technologien, beispielsweise für militärische Drohnen und Methanhydrat-Abbau ist wichtig. Auch die damit möglicherweise verbundenen Disruptionen von Wertschöpfung muss die Politik im Auge behalten. Während Europa in einigen dieser hochdynamischen Bereiche wie etwa Bioplastik oder Techniken zur Nutzung von Marine- und Gezeitenkraft gut aufgestellt ist, liegt es in anderen wie der Nutzung der Biolumineszenz und dem Energy Harvesting zurück.
  3. Im Windschatten der Digitalisierung erwächst eine neue Welle des Wandels rund um Biotechnologie, Gesundheit und Nachhaltigkeit mit noch unklaren Konturen. Die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sind hier wichtige Treiber. Entscheidend wird sein, diese nächste Welle des Wandels gut zu verstehen und sicher zu stellen, dass geeignete Rahmenbedingungen und flankierende soziale Innovationen zeitnah zur Verfügung stehen.
  4. Künftige Wertschöpfungsketten werden in gleichem Maße von technischen und sozialen Innovationen beeinflusst werden, beispielsweise die Entwicklung alternativer Währungen, Gamification, lokale Nahrungsmittelkreisläufe und die verschiedenen Varianten eines bedingungslosen Grundeinkommens.
  5. Einige der radikalen Innovationen wie etwa Bioelektronik, Pflanzenkommunikation oder künstliche Photosynthese weisen noch einen sehr geringen Reifegrad auf. Gleichzeitig können sich einige schon etwas reifere Technologien wie Hydrogele und Carbon Nanotubes als noch stärker disruptiv erweisen als erwartet. Hier ist ein koordiniertes Vorgehen der Innovations- und Industriepolitik gefordert.