E-Lkw: Was gilt es beim flächendeckenden Aufbau von Schnelllade-Standorten zu beachten?

Im Projekt »HoLa« werden an fünf Standorten entlang der A2 zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet insgesamt acht Hochleistungsladepunkte mit dem Megawatt Charging System (MCS) für Lkw aufgebaut und im realen Logistikbetrieb genutzt. Aus den bisherigen Forschungsergebnissen wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die wichtige Erkenntnisse für einen flächendeckenden bundesweiten Ladeinfrastrukturausbau beinhalten. Alle Ergebnisse wurden heute auf einer europäischen »HoLa«-Konferenz in Berlin vorgestellt und sind in einem Bericht festgehalten.

© Fraunhofer ISI. Die Abbildung dient der Illustration und ist aus lizenzrechtlichen Gründen nicht zur redaktionellen Verwendung freigegeben.
Ladepunkte entlang der A2

Um die Treibhausgasemissionen im Verkehr und speziell von schweren Lkw zu senken, müssen alle EU-Mitgliedstaaten in den nächsten Jahren verpflichtend eine Infrastruktur für alternative Kraftstoffe aufbauen. Dazu zählt insbesondere auch der Aufbau öffentlicher Schnellladeinfrastruktur für Lkw entlang von Autobahnen. Parallel dazu bieten alle großen Lkw-Hersteller batteriebetriebene Serienmodelle an, was den akuten Bedarf für Ladeinfrastruktur zusätzlich unterstreicht.

Das vom Fraunhofer ISI koordinierte Projekt »HoLa – Hochleistungsladen Lkw-Fernverkehr« widmet sich diesem Thema und baut an fünf Standorten insgesamt acht Hochleistungsladepunkte mit dem Megawatt Charging System (MCS) auf. Das Fördervorhaben umfasst drei Projektteile: Planung und Auswahl der Standorte, Aufbau und Planung von Schnellladepunkten sowie begleitende wissenschaftliche Analysen.

Am Projekt sind insgesamt zwölf Konsortial- und zehn assoziierte Partner aus Industrie und Forschung beteiligt – darunter die Lkw-Hersteller Daimler Truck, MAN, Scania, TRATON und Volvo. Durch die Kooperation der 22 Partner entstehen wichtige Erkenntnisse für den Aufbau von Ladeinfrastruktur und Schnellladestandorten entlang von Autobahnen, aus denen im Projekt Handlungsempfehlungen erarbeitet wurden, die nun erstmals auf einer Konferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert wurden. Über 250 Teilnehmer:innen aus 18 europäischen Ländern diskutierten dort unter anderem über Herausforderungen und Lösungsansätze beim Megawatt-Laden von Batterie-Lkw. Eröffnet wurde die Konferenz von Daniela Kluckert, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), welches das Projekt »HoLa« als Innovationscluster für klimafreundliche Lkw-Antriebstechnologien fördert.

Massiver Ausbau von Lkw-Ladestandorten bis 2050

Eine EU-Verordnung legt bereits konkrete Mindestziele hinsichtlich einer öffentlichen Lkw-Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedsstaaten fest: So müssen etwa mit Blick auf Deutschland bis 2025 insgesamt 32 Lkw-Ladeorte entstehen, bis 2027 sind es bereits 104 und bis 2030 schließlich 314 Lkw-Ladestandorte. Die damit einhergehende Ladeleistung für Lkw steigt von etwa 66 Megawatt im Jahr 2025 auf 918 Megawatt im Jahr 2030 an. In der EU-Verordnung ist ebenfalls geregelt, dass Schnellladeinfrastruktur für batterieelektrische Lkw alle 60 bis 100 Kilometer entlang der wichtigsten deutschen Autobahnen zur Verfügung stehen muss.

Daraus ergibt sich die Frage nach geeigneten Standorten, ihrer Konzeption und nach der Anzahl an Standorten und Ladepunkten über die vorgegebene Mindestmenge hinaus. Die Forschenden kommen zum Ergebnis, dass ein Startnetzwerk für Deutschland etwa 142 Ladestandorte umfassen sollte. Das zugrundeliegende Szenario sieht dabei vor, dass Lkw 2030 während der gesetzlich vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nach viereinhalbstündiger Fahrt nachgeladen und etwa 15 Prozent aller schweren Lkw batterieelektrisch betrieben werden, wobei maximal die Hälfte der Ladevorgänge an öffentlicher Ladeinfrastruktur stattfindet.

Unter Berücksichtigung des lokalen Verkehrsaufkommens und dessen Verlaufs sehen die Forschenden bei einer angenommenen Wartezeit von maximal fünf Minuten zur Hauptverkehrszeit einen Bedarf von mindestens 1.000 Ladepunkten für Deutschland im Jahr 2030 und bei schnellerer Marktdurchdringung von E-Lkw im Fernverkehr sowie längeren Standzeiten von eher 2.000 Ladepunkten. Dies stellt eine Mindestmenge an Ladeinfrastruktur sicher und umfasst sowohl große Stationen mit mehr als zehn Ladepunkten sowie auch kleinere mit mindestens zwei Ladepunkten.

Netzbetreiber sollten Bereitstellung von Ladeleistung vorausschauend planen

Um noch konkretere Aussagen zur benötigten Ladeinfrastruktur und den Bedarfen machen zu können, empfehlen die Forschenden umfangreiche Erhebungen mit Informationen zum zeitlichen und räumlichen Fahrverhalten von Lkw sowie eine Vereinheitlichung von Daten zum Stromnetz und zur verfügbaren Anschlussleistung, um den Aufbau elektrischer Infrastruktur zu beschleunigen. Darüber hinaus sollte auch eine Veröffentlichung von lokalen Kapazitätsdaten auf Mittelspannungsebene entlang der Autobahnen durch die Netzbetreiber angestrebt werden und diese die Bereitstellung von mehr Ladeleistung vorausschauend planen können – gerade nahe der Autobahnen oder anderen zentralen Verkehrsknotenpunkten mit zu erwartendem hohen Ladebedarf, was den Ladeinfrastrukturausbau insgesamt beschleunigen könnte.

Im Projekt wurden außerdem Simulationen einer zukünftigen Batterie-Lkw-Flotte auf Basis vorliegender Fahrprofile von 2.400 Diesel-Fahrzeugen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass sich bei einer Batteriegröße von maximal 700 Kilowattstunden im Jahr 2030 und 900 Kilowattstunden im Jahr 2050 durchgängig deutlich mehr als 90 Prozent dieser fiktiven Lkw-Fahrzeugflotte elektrifizieren ließen und für die Mehrheit der Ladevorgänge eine Langsam-Ladeinfrastruktur ausreicht, in der Regel auf privatem Gelände mit maximal 44 Kilowatt. Laden mit mehr als 350 Kilowatt, also voraussichtlich mit dem neuen Megawatt-Ladestandard MCS, wird insbesondere für Langstreckenfahrzeuge zum Zwischenladen genutzt und findet überwiegend an öffentlichen Ladestationen statt.

Schnell- und Langsam-Ladestationen sollten kombiniert werden

Priv.-Doz. Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und HoLa-Gesamtprojektleiter, ergänzt: »Auf der HoLa-Konferenz wurde sowohl seitens der Lkw-Hersteller als auch seitens der anwesenden Logistikunternehmen und der Politik deutlich, dass die Bedarfe an verfügbaren Schnellladestationen mit MCS-Ladetechnologie in den kommenden Jahren massiv wachsen werden. Um diese Bedarfe zu bedienen, sollten MCS-Ladestationen entlang von wichtigen Langstreckenachsen ausgebaut sowie mit Langsam-Ladestationen auf öffentlichen und privaten Stellflächen kombiniert werden. Da die Flächen entlang von Autobahnen begrenzt sind, müssen die Ladestationen an Autobahnen möglichst platzsparend errichtet und auch Flächen neben Autobahnen mitgedacht werden. Eine gemeinsame Nutzung von Lkw-Ladeorten für MCS-Laden, Übernachtladen oder das Laden von Pkw mit Anhängern kann die Auslastung der Ladeorte erhöhen und den Flächendruck mildern.«

 

Das Projekt HoLa wird im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität mit insgesamt 12 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert und im Rahmen der Umsetzung des Gesamtkonzeptes Klimafreundliche Nutzfahrzeuge als Technologie- und Erprobungsprojekt durchgeführt. Fördermittel dieser Maßnahme werden auch im Rahmen des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) über die europäischen Aufbau- und Resilienzfazilitäten (ARF) im Programm NextGenerationEU bereitgestellt. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt..

Immer informiert sein

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.

Letzte Änderung: