Gesellschaftliche Herausforderungen überwinden

Klima, Gesundheit, Mobilität - die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen sind vielschichtig und komplex. Die »Hightech-Strategie 2025« als wichtigste innovationspolitische Strategie der Bundesregierung soll einen zentralen Beitrag zur Gestaltung der anstehenden Transformationsprozesse leisten. Insbesondere sollen Forschung und Innovation zielgerichteter als bisher eingesetzt werden, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Über drei Jahre hinweg hat das Fraunhofer ISI die Umsetzung der HTS 2025 wissenschaftlich begleitet und veröffentlicht nun hierzu zwei umfassende Berichte: Zum einen eine detaillierte empirische Analyse der Stärken und Schwächen der HTS 2025, zum anderen ein neuartiges Konzept zur Wirkungsmessung von missionsorientierter Innovationspolitik. Diese Einsichten sind auch für eine neue Zukunftsstrategie der Bundesregierung relevant.

Insgesamt zwölf Missionen stehen im Mittelpunkt der »Hightech-Strategie 2025« der deutschen Bundesregierung, u.a. Treibhausgasneutralität in der Industrie, nachhaltige Kreislaufwirtschaft, sowie die Bekämpfung von Krebs. In einem mehrjährigen Forschungsprojekt hat das Fraunhofer ISI die Planung und Umsetzung dieser Missionen unabhängig untersucht. Hierdurch konnten Handlungsempfehlungen entwickelt werden, um die Effektivität von innovationspolitischen Maßnahmen zu erhöhen. Zudem wurden ein praxisorientiertes Instrumentarium zur Wirkungsmessung missionsorientierter Innovationspolitik entwickelt. Das Projekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung und Bildung gefördert.

Gesellschaftliche Herausforderungen erfordern breit aufgestellte Antworten

»Herausforderungen wie der Klimawandel können effektiv nur ressortübergreifend behandelt werden. Vor allem die Komplexität der Problemfelder sowie die Vielzahl an politischen und gesellschaftlichen Beteiligten stellen die Politik zunehmend vor Probleme. Diese können durch missionsorientierte Innovationspolitik gezielt bewältigt werden«, so Dr. Ralf Lindner, Leiter des Competence Centers Politik und Gesellschaft am Fraunhofer ISI und Mitautor der beiden Berichte. Missionsorientierte Innovationspolitik (kurz MOIP) ist ein sektor- und fachressortübergreifender Ansatz, der eine breite Akteursbasis hinter ambitionierten Ziele vereint, um drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen (vgl. Fraunhofer ISI Policy Brief »Missionsorientierte Innovationspolitik«).

Missionsorientierter Ansatz erfordert bessere Koordination

Der erste Bericht gibt einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen zur HTS 2025. Dazu wurden vier unterschiedliche Typen von Missionen analysiert, um daraus Lehren für künftige missionsorientierte Innovationspolitik abzuleiten. Diese Empfehlungen umfassen die Missionsformulierung, das Missionsdesign, die Missionsimplementierung sowie das Zusammenspiel verschiedener Missionen im Rahmen der Hightech-Strategie. Dabei wird deutlich, dass die Wahl des MOIP-Ansatz viele Vorteile hat, sie ist aber auch mit erheblichen Koordinierungskosten und Verwaltungsressourcen verbunden. Ohne die Bereitschaft, in diesen neuen Politikansatz zu investieren, werden Missionen ihre Ziele wahrscheinlich nur unzureichend erreichen.

Politische Unterstützung wichtig für Missionserfolg

Die Analyse zeigt, dass eine starke interdisziplinäre und ressortübergreifende Zusammenarbeit der Akteure sowie eine starke Unterstützung durch politische Führungskräfte von zentraler Bedeutung für den Erfolg einer Mission ist. Bei politikfeldübergreifenden Missionen empfiehlt der Bericht eine Prüfung, ob die Missionsleitung nicht im Kanzleramt oder alternativ bei externen Agenturen angesiedelt sein sollte. Private als auch öffentliche Akteure sollten aktiv beteiligt und zur Mitgestaltung aufgerufen werden und dann auch eigene Ressourcen einbringen. Der Bericht empfiehlt außerdem, die Anzahl von Missionen auf ausgewählte drängende Probleme zu beschränken, die über mehrere Legislaturperioden Priorität genießen.  Dies kann die Sichtbarkeit und Legitimität stärken und somit die Erfolgsaussichten der ausgewählten Missionen erhöhen.

Neue Toolbox zur Prozessunterstützung und Wirkungsmessung

Anhand der Erkenntnisse der Begleitforschung zur HTS 2025 entwickelte das Fraunhofer ISI im zweiten Bericht ein Konzept zur Wirkungsmessung von missionsorientierter Innovationspolitik. Dieser Ansatz ist modular aufgebaut, um flexibel für verschiedene Kontextbedingungen zu funktionieren und fungiert so als Leitfaden und Prozessunterstützung für Missionsverantwortliche: Von der Missionsformulierung, über die Gestaltung und bis zur Umsetzung einer Mission. Damit wird Missionsverantwortlichen konkrete Unterstützung bei der Umsetzung des neuartigen Ansatzes an die Hand gegeben. Gleichzeitig liefert er die Grundlage für die Messung der Wirkung von Missionen, sowohl prozessbegleitend als auch nach Missionsabschluss.

Fallbeispiel Krebsbekämpfung: Toolbox-Analyse zeigt ungenutztes Potenzial

Im Rahmen der HTS 2025 wurde die Mission zur Bekämpfung von Krebs als Fallbeispiel mit dem neu entwickelten Ansatz für die Wirkungsmessung untersucht. Die Analyse konzentrierte sich insbesondere auf die Missionsformulierung und das Design der Mission. Während die Bekämpfung von Krebs eine hohe Legitimität genießt und die Mission umfassende Ziele formuliert, waren die Ziele teilweise vage formuliert oder nicht quantifiziert. Gleichzeitig gelang es der Mission über eine gemeinsame Zielerklärung eine umfangreiche Mobilisierung verschiedener Stakeholder-Gruppen, wenngleich die Repräsentation zentraler Akteure zum Teil nur indirekt erfolgt.

Der projektorientierte Charakter im Rahmen der »Nationalen Dekade gegen Krebs« und die entwickelten Governance-Strukturen mit flexiblen Mitwirkungsmöglichkeiten und der kohärente Außenauftritt zählen zu den Stärken der Mission, so der Bericht. Bei der Ausgestaltung der Krebsmission finden sich zahlreiche neuentwickelte und passgenaue Maßnahmen. Gleichzeitig sind noch Fragen bezüglich des Mobilisierungspotentials bestehender Maßnahmen offen.

Missions-Monitoring von zentraler Bedeutung

»Auch während der Umsetzungsprozesse einer Mission ist es wichtig, die Auswirkungen der Missionsaktivitäten zu beobachten und zu verstehen. Dazu haben wir handlungsunterstützende Leitlinien entwickelt, die auf spezifische Missionen zugeschnitten werden können. So kann schon während der Mission überprüft werden, ob man auf dem richtigen Weg ist, ob der verfügbare Instrumentenmix effektiv angewendet wird und wo möglicherweise noch nachgesteuert werden muss«, so Mitautor Dr. Florian Wittmann und ergänzt: »Im nächsten Schritt könnten die Erkenntnisse unserer Begleitforschung zur HTS 2025 unmittelbar im Rahmen einer neuen Zukunftsstrategie zur Bewältigung großer gesellschaftlicher Missionen angewendet werden.«

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.

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