Projekt

TRADINNOVATION - Innovationen in der Bioökonomie in traditionellen Sektoren am Beispiel von drei Innovationslinien zu Fleischanaloga

 

Der Transformationsprozess hin zur Bioökonomie kann nicht allein auf forschungsintensive Sektoren beschränkt bleiben, wenn die Bioökonomie nennenswerte Beiträge zur Bewältigung von Herausforderungen wie Klima- und Umweltschutz, nachhaltige Ressourcennutzung und Ernährungssicherung leisten soll. Die Transformation muss auch in traditionellen Wirtschaftssektoren erfolgen, wie z. B. dem Sektor Vieh und Fleisch als Teil der Ernährungsindustrie.

Eine wachsende Weltbevölkerung sowie zunehmender Wohlstand sorgen für eine steigende Nachfrage nach Fleisch und tierischen Lebensmitteln. Eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Tierproduktion würde ihre negativen Wirkungen auf Umwelt, Klima, Tierwohl und menschliche Gesundheit verstärken. Daher werden Fleischanaloga entwickelt, um hochwertiges Protein für die menschliche Ernährung bereitzustellen. Fleischanaloga sind Produkte, die Fleisch und Fleischwaren möglichst gut imitieren, jedoch nicht aus Schlachttieren hergestellt werden.

 

 

Durch das Projekt soll das Verständnis für Innovations- und Transformationsprozesse der Bioökonomie in traditionellen Sektoren aus der interdisziplinären Perspektive der Innovationsforschung vertieft werden.

Nach einer Aufarbeitung des Forschungsstandes werden am Beispiel des traditionellen Sektors Vieh und Fleisch die drei Innovationslinien i) pflanzliche Proteine, ii) Insektenproteine und iii) cultured meat zur Bereitstellung von Fleischanaloga für die nachhaltige Proteinversorgung einer wachsenden Weltbevölkerung untersucht. Aufbauend auf der Analyse der technologischen Innovationssysteme (TIS) und ihrer wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Folgen werden die Wechselwirkungen der drei TIS untereinander untersucht und ihre Funktionsfähigkeit und ihr Problemlösungspotenzial vergleichend bewertet. Da den Innovationslinien teilweise das Potenzial zur Ablösung nicht-nachhaltiger Strukturen und Praktiken (Exnovation) im Sektor Vieh und Fleisch zugeschrieben wird, wird aus der Multi-Level-Perspektive der Transformationsforschung untersucht, inwieweit der Sektor die Innovationslinien in seine Innovationsaktivitäten integriert bzw. ihnen Widerstand entgegengesetzt. Es werden Handlungsoptionen und Empfehlungen für die Überwindung von Schwachstellen der TIS, für die Realisierung der Potenziale der Innovationslinien sowie für die Gestaltung von Innovations- und Exnovationsprozessen im Sektor Vieh und Fleisch ausgearbeitet. Es wird abgeleitet, welche der gewonnenen inhaltlichen und methodischen Erkenntnisse verallgemeinerbar und somit für Innovations-, Exnovations- und Transformationsprozesse in anderen traditionellen Sektoren nutzbar sind.

 

Es wurden die Innovationssysteme von pflanzlichen Fleischalternativen (PBMA), insektenbasierten Fleischalternativen (IBMA) und kultiviertem Fleisch (CM) aus der interdisziplinären Perspektive der Innovationsforschung und der Mehrebenenperspektive der Transformationsforschung untersucht. Die Innovationssysteme in Deutschland wurden im Hinblick auf Akteure, Netzwerke, Institutionen und Funktionen charakterisiert. Das PBMA-Innovationssystem erwies sich als am weitesten entwickelt. Die Innovationsaktivitäten bei Insektenproteinen haben sich in jüngster Zeit von Fleischalternativen und Lebensmitteln hin zu Futtermitteln und industriellen Anwendungen verlagert. Für CM müssen noch Produktionsanlagen im industriellen Maßstab errichtet und EU-Marktzulassungen erteilt werden. Interaktionen zwischen den Innovationssystemen waren gering. Synergistische Interaktionen ließen sich für die Schaffung von Legitimität, der Richtungsweisung bei der Suche, der Mobilisierung von Ressourcen sowie der Wissensgenerierung und dem Wissensaustausch beobachten. Die etablierten Unternehmen des deutschen Vieh- und Fleischsektors setzten diskursive, materielle und rechtliche/institutionelle Widerstandsstrategien gegen Fleischalternativen ein. Der Widerstand war jedoch weniger ausgeprägt als bei früheren Innovationen in diesem Sektor. Die folgenden Empfehlungen wurden abgeleitet: Die Transitionsforschung zu Fleischalternativen bzw. alternativen Proteinen sollte fortgesetzt werden, um die Funktionsweise der Innovationssysteme zu verbessern und geeignete Politik-Mixe zu entwickeln. Die Politik sollte eine umfassende Strategie für alternative Proteine entwickeln, um die Entwicklung der Innovationssysteme in die gewünschte Richtung zu lenken. Eine Exnovationsstrategie für den Vieh- und Fleischsektor muss ein integraler Bestandteil sein. Beide Bereiche - die Förderung von Fleischalternativen und die Exnovation in der Vieh- und Fleischwirtschaft - müssen eng aufeinander abgestimmt und koordiniert werden, um wirksam zu sein und um widersprüchliche Anreize zu vermeiden.

Publikationen

Laufzeit

7/2019-6/2022

Auftraggeber

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)