Projekt

Studie zur Institutionalisierung von Strategischer Vorausschau als Prozess und Methode in der deutschen Bundesregierung

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Es besteht heute weitgehende Einigkeit darüber, dass Politik es sich zur Aufgabe machen muss, Gerechtigkeit und Freiheit generationsübergreifend zu sichern. Eine Stärkung vorausschauender und vorsorgender Regierungsführung fordern nicht nur Gerichte und soziale Bewegungen weltweit ein. Auch viele politische Akteure innerhalb und außerhalb der Bundesregierung verlangen eine Stärkung der Kapazitäten für langfristiges Denken und Handeln, um den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser gerecht zu werden. Wie kann es gelingen Politik vorausschauender zu gestalten? Wie kann der Umgang mit Unsicherheit und Komplexität gestärkt werden? Wie müssten sich Prozesse und Strukturen dafür verändern? Welche Rolle kann Strategische Vorausschau (SV) hier spielen?

Diese Fragen behandelte die Studie, die das Fraunhofer ISI Foresight Team gemeinsam mit Prof. Sylvia Veit (Verwaltungswissenschaftlerin der Universität Kassel) im Auftrag des Bundeskanzleramts erarbeitete.

Ziel war es, den Status Quo in Deutschland zu beleuchten und verschiedene Optionen zur Institutionalisierung von strategischer Vorausschau als Prozess, Methode und Denkansatz in Politik und Verwaltung der deutschen Bundesregierung zu erarbeiten und deren Vor- und Nachteile zu bewerten. Damit soll eine Diskussionsgrundlage für die weitere Verankerung strategischer Vorausschau im Regierungshandeln geschaffen werden.

Die Studie zu Strategischer Vorausschau in der Bundesregierung finden Sie hier

Die Pressemitteilung der Bundesregierung zur Studie finden Sie hier.

Die Studie basiert auf einer ausführlichen Auswertung von Konzepten und Erkenntnissen aus Verwaltungswissenschaft und Strategischer Vorausschau. Darauf aufbauend wurden mehr als 30 Interviews mit Verantwortlichen aus allen Ressorts der Bundesregierung und mit einzelnen Foresight Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft durchgeführt. Zudem wurden mit Vorausschau betraute Personen der Regierungen in Großbritannien, Kanada und Finnland befragt und vorliegende Erkenntnisse zu weiteren Ländern insbesondere Spanien und Singapur ausgewertet.

Laufzeit

04/2021 – 11/2021

Auftraggeber

Bundeskanzleramt

Partner

Prof. Sylvia Veit (Universität Kassel)

Die Ergebnisse zeigen, dass SV Wegbereiter sein kann für eine vorsorgende, innovative und transformative Politik, die schwelende Themen und Krisen frühzeitig erkennt und proaktiv aufgreift und auch komplexe Querschnittsherausforderungen kompetent adressiert. Als wichtigster Beitrag der SV zu erfolgreichem Regierungshandeln wird die Schaffung innovativer Formen von Zusammenarbeit an ganzheitlichen, langfristigen Lösungsansätzen quer zu existierenden Silos gesehen. Daneben steht das Training mentaler Modelle für einen besseren Umgang mit Unsicherheit, Wandel und Komplexität. Beides dient der besseren Erreichung ehrgeiziger Langfristziele (z.B. im Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie) und der Unterstützung vorausschauender und vorsorgender Politik. Status Quo in der Bundesregierung ist eine lange Tradition strategischer Vorausschau in einzelnen Ressorts jedoch mit wenig Koordination oder übergreifenden Ansätzen. Zudem bleiben aufgrund struktureller Barrieren viele Potenziale ungenutzt. Es fehlen Kapazitäten und Kompetenzen, Reflexionsräume und Mechanismen zum Einspeisen der Ergebnisse in das Regierungshandeln. Aus den Ergebnissen wurden drei Optionen für eine Institutionalisierung Strategischer Vorausschau im deutschen Kontext entwickelt, die diesen Barrieren begegnen. Als besonders wirkungsvolle Umsetzungsform kristallisiert sich die Einrichtung eines gemeinschaftlich von den Ressorts gesteuerten regierungsübergreifenden Zukunftslabors heraus, das SV Prozesse und -Produkte in hoher Qualität für alle Ebenen der Ministerialverwaltung bereitstellt und diese regelmäßig in Kabinettssitzungen und -klausuren einspeist. Wichtig ist jedoch eine Institutionalisierung mit Augenmaß, die Freiräume nicht durch zu große Formalisierung verstellt. Langfristig ist zur Verankerung von vorausschauendem Regierungshandeln ein Wandel der Arbeits- und Denkkultur der Verwaltung notwendig.