Wie die deutsche Hightech-Agenda wirklich wirkungsorientiert werden kann

von Florian Wittmann, Sarah Seus und Ralf Lindner /

Die Bundesregierung hat mit der kürzlich veröffentlichten »Hightech Agenda Deutschland« hohe Ambitionen für die FTI-Politik und verspricht eine lernende Strategie. Im Rahmen dieses Beitrags skizzieren wir einige Überlegungen für eine gelingende und zukunftsorientierte Umsetzung des angedachten Monitoringsystems. Dabei geht es zum einen darum, welche Punkte dabei zu beachten sind, zum anderen um Fehler, die zu vermeiden sind.

Wie der Wandel hin zu einer wirkungsorientierten FTI-Politik gelingen kann

Ende Juli wurde die Hightech Agenda (HTA) der Bundesregierung veröffentlicht, erste Kommentare kommen zu einer positiven Einschätzung. Ein wichtiges Element der Hightech Agenda Deutschland stellt das Bekenntnis zu einer »wirkungsorientierten Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik« dar. Vorgesehen ist ein umfassendes Monitoringkonzept.

Das Streben nach Wirkungsorientierung und Politiklernen ist nicht neu: Auch die Vorläufer der jetzigen Strategie, namentlich die Hightech-Strategie 2025 und die Zukunftsstrategie, verstanden sich als lernende Strategien. Allerdings wurde der Anspruch an eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Strategien auf Grundlage eines Lernprozesses nicht eingelöst.

Was beim 360-Grad-Monitoring zu beachten ist. Die HTA verspricht ein 360-Grad-Hightech-Monitoring wie ein neues Heilmittel. Dazu sollen insbesondere die Umsetzungsfortschritte in den prioritären Schlüsseltechnologien und den noch zu entwickelnden Roadmaps sichtbar gemacht werden. Für die Datengenerierung sollen unter anderem KI-Methoden zum Einsatz kommen. Diese Ankündigungen klingen vielversprechend und können – sofern richtig ausgestaltet – einen wichtigen Beitrag für eine stärker wirkungsorientierte FTI-Politik leisten.

Diese drei möglichen Risiken gilt es zu vermeiden:

Alleiniger Fokus auf Ergebnisindikatoren: Wenngleich Ergebnisindikatoren und die Messung ihrer Veränderung im Zeitverlauf wichtige Elemente für eine wirkungsorientierte FTI-Politik sind, sollte ein Monitoring nicht auf diese reduziert werden. Fortschritte werden erst mit einigem Zeitverzug erfassbar und können daher keine Hinweise liefern, ob sich die Umsetzung in der Anfangszeit auf dem richtigen Weg befindet. Gleichzeitig liefern Zielindikatoren keine Information, welche Stellschrauben angepasst werden können. Eine zu enge Fokussierung auf einzelne sprechende Zielindikatoren oder der Einsatz von Visualisierungstools, wie Dashboards, dient nur bedingt dem Lernen.

Primärer Fokus auf Außendarstellung: Das Monitoring sollte nicht zu eng konzipiert werden und nicht lediglich auf ein Instrument der Außendarstellung reduziert werden. Der große Mehrwert eines solch umfassenden Monitoringansatzes liegt in der Bereitstellung von Handlungsorientierung und Hinweisen zur Nachsteuerung sowie Weiterentwicklung der Strategie, insbesondere für die umsetzenden Akteure. Hierfür ist die Abbildung der Umsetzungsprozesse essenziell. Was genau betrachtet werden soll und welche Informationen hierfür benötigt werden, orientiert sich vor allem an den Bedarfen der Umsetzungsverantwortlichen.

Einseitiger Fokus auf neue (KI-)Methoden: KI eröffnet neue Möglichkeiten insbesondere bei der Erschließung unstrukturierter Daten und kann damit Monitoringsysteme substanziell stärken und erweitern. Die einseitige Fokussierung auf einzelne Formen der Datengenerierung (und damit Indikatoren), birgt aber das Risiko, dass Indikatoren primär aus Messbarkeitsgründen ausgewählt werden. Damit sind Indikatoren wenig passgenau beziehungsweise liefern den Entscheidungsträgern nicht die notwendigen Informationen für die Steuerung und Weiterentwicklung.

Was es für ein gelingendes Monitoring braucht

Zentraler Baustein für eine wirkungsorientierte Politikgestaltung ist ein Verständnis über die erwarteten Wirkmechanismen im jeweiligen Handlungsfeld. Die Entwicklung der Roadmaps bietet hier einen guten Ansatzpunkt. Das Monitoring sollte für jedes Handlungsfeld auf einer Beschreibung der Wirkmechanismen (Theory of Change) aufbauen und die komplette Prozesskette, die zur Erzielung der gewünschten Wirkungen durchlaufen werden muss, abbilden.

Inputs und Outputs darstellen. Konkret bedeutet dies, neben den Zielindikatoren, auch explizit zu machen, welche Maßnahmen eingesetzt werden (Inputs), welche Ergebnisse sich daraus ergeben (Outputs) und wie diese zur Zielerreichung beitragen. Diese Darstellung erlaubt bereits im Vorfeld eine kritische Überprüfung, inwieweit einzelne Maßnahmen geeignet sind, die formulierten Ziele zu erreichen.

Ownership und co-kreative Entwicklungsprozesse. Die Entwicklung der Theory of Change sollte nicht nur die Inputs verschiedener Stakeholder-Gruppen berücksichtigen, sondern auch unter Beteiligung der Umsetzungsverantwortlichen (auf Maßnahmenebene) in den jeweiligen Ministerien erfolgen. Ohne entsprechende Ownership ist es unwahrscheinlich, dass die Informationen aus dem Monitoring für ein Politiklernen genutzt werden können. Allerdings sind die hierfür notwendigen co-kreativen Entwicklungsprozesse, insbesondere die Entwicklung eines Verständnisses, wie die Förderung wirkt und wie das Zusammenspiel der verschiedenen Maßnahmen ist, zeit- und ressourcenintensiv (mehr zur Ausgestaltung des Umsetzungsprozesses hier).

Ein effizientes Monitoring kann nur mit einer guten Datengrundlage gelingen. Zentrale Grundlage hierfür ist eine eindeutige Zuordnung von Fördermaßnahmen und deren Projekten, sodass die Effekte der Umsetzung systematisch erfasst werden können. Dies gilt gerade auch für den Einsatz von KI-Methoden und ähnlichen Verfahren, wenn diese eine Verbindung zum Förderhandeln darstellen und nicht nur allgemeine Trends abbilden sollen.

Ein gemeinsamer Rahmen ist wichtig. Die Herausforderungen und Herangehensweisen mögen sich zwischen einzelnen Handlungsfeldern unterschieden. Gleichwohl kann ein gemeinsamer Rahmen, der Grundsätze in Bezug auf Wirkmechanismen und Indikatorik skizziert, helfen, ein kohärentes Monitoring über verschiedene Handlungsfelder beziehungsweise Schlüsseltechnologien zu ermöglichen und Schnittstellen aufzuzeigen. Erst dann kann das 360-Grad-Monitoring sein volles Potenzial entfalten und die Umsetzung der Hightech-Agenda als Ganzes unterstützen.

 

Der Beitrag erschien zuerst am 31.07.2025 in einer früheren Version bei Research.Table